1. Preis
Adept, Kopenhagen
Fürstenfeld Wood greift die bestehenden Gegebenheiten als zentrales Fundament für eine zukünftige Entwicklung auf. Unter Berücksichtigung der Bestandsbauten, des vorhandenen Baumbestandes, des existierenden Straßennetzes und weiterer Spuren des Ortes wird ein resilientes Konzept für einen gemischten Stadtteil entworfen. Es schafft artenreiche Lebensräume durch gezielte Pflanzungen und integriert Regenwasserbewirtschaftung für ökologische Nachhaltigkeit. Die Planung priorisiert Fußgänger und Radfahrer und fördert die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Historische Gebäude werden in gemeinschaftliche kulturelle und soziale Zentren umgewandelt. Insgesamt bietet das Projekt ein breites Spektrum an Freizeit- und Kulturangeboten für Bewohner und Nachbarschaft.
Stellungnahme des Preisgerichts
Das städtebauliche Konzept basiert auf der Grundidee, den Bestand des Ortes als zentrales Fundament für die zukünftige Entwicklung aufzugreifen. Unter Berücksichtigung der Bestandsbauten, des vorhandenen Baumbestandes, des existierenden Straßennetzes und weiterer Spuren des Ortes wird ein resilientes Konzept für einen gemischten Stadtteil entworfen. Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Vorhandenen gelingt es den Verfassern, eine spezifische und in höchstem Maße ortsbezogene städtebauliche Struktur zu schaffen, die eine eigene Identität stiftet. Dieses Verständnis des Ortes in Verbindung mit der inhaltlichen Prioritätensetzung führt in der Konsequenz zu einem in Ost-West-Richtung aufgespannten Aktivitätsboulevard, mit einer südlichen Quartiershälfte, die zunächst nur punktuelle bauliche Arrondierungen erfährt mit perspektivischen Verdichtungsmöglichkeiten und einer nördlichen Quartiershälfte, die als verwebte und nutzungsgemischte Struktur das „Herz“ des gesamten Stadtteils darstellt.
Das Freiraumkonzept mit den Bausteinen einer Stärkung des Waldbiotops im Westen, einem mittigen Nord-Süd-Korridor zwischen FFH-Gebiet im Norden und dem regionalen Grünzug des Emmeringer Sees im Süden und einem grünen Stadteingang im Osten nimmt deutlich Bezug zu den vorhandenen Landschaftselementen und -qualitäten. Das überordnete Freiraumthema „Fürstenfeld Wood“ nimmt Bezug auf den Wandbestand als identitätsstiftendes Landschaftselement und profiliert diesen inhaltlichen Gedanken.
Dem zentrales Aktivitätsboulevard gelingt es einerseits, die Monumentalität des Kilometerbaus zu brechen, andererseits erscheint das Nutzungsangebot überzogen und lässt keinen hinreichenden Spielraum für Aneignung.
Die „grüne Lunge“ in Nord-Süd-Richtung erscheint zu eng dimensioniert und kann den Anspruch an Durchlüftung und an einen vielfältig nutzbaren Quartierspark nicht einlösen. Auch die Dimensionierung der Baufelder und die Stellung der Baukörper kann die gewünschte Durchlüftung nicht gewährleisten.
Wohnen und Gewerbe werden weitestgehend gemischt und mit dem öffentlichen Raum verwebt. Die Nutzungsprogrammierung insgesamt ist jedoch eine gute Basis für ein urbanes, lebendiges Quartier und die gewünschte perspektivische Flexibilität.
Die gemeinschaftlichen Nutzungen sind gut entlang des Aktivitätsboulevards angeordnet und damit auf kurzem Wege erreichbar. Der Standort der Schule in Verbindung mit den Sportflächen ist gut positioniert, überbaut jedoch eine wertvolle Biotopfläche.
Die Nutzungsvorschläge in den Bestandsbauten können überwiegend überzeugen, auch wenn sich Fragen der wirtschaftlichen Umsetzung stellen.
Mit der geringen Höhenentwicklung der neuen Baukörper werden leider lange Wege erkauft und damit die Erreichbarkeit der Versorgungseinrichtungen erschwert.
Die Grundstruktur wirft mit ihren kleinteiligen Baukörpern und -typologien in Verbindung mit dem Erschließungssystem Fragen der Orientierung auf.
Das Erschließungskonzept im Hinblick auf ÖPNV und MIV weist keine klare Hierarchie auf, was in der Folge zu einer Übererschließung führt und damit zu einem hohen Erschließungsanteil. Die ÖPNV-Trasse im Aktivitätsboulevard schwächt dessen Attraktivität als Freiraum. Zudem wird der Aktivitätsboulevard durch das Erschließungssystem negativ beeinträchtigt. In dem Konzept wird die Hälfte der notwendigen Stellplätze nachgewiesen.
Gewürdigt wird die Ausarbeitung im Detail – von Vorschlägen zur Bestandsnutzung bis hin zu Freiraumtypologien und innovativen Ansätzen zur Energieversorgung und zu Stoffkreisläufen. Zugleich wird ein Phasenmodell für einen nachhaltige Transformationsstrategie dargestellt, das in überzeugender Art und Weise aufzeigt, wie der Stadtteil wachsen kann.
Insgesamt stellt der Entwurf einen spannenden Beitrag zur Aufgabenstellung dar, der dem spezifischen Potenzial des Ortes gerecht wird und den Bestand in besonderem Maße würdigt.
3. Preis
caspar.schmitzmorkramer GmbH, Köln mit Studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH, Düsseldorf mit Schellenberg + Bäumler Architekten GmbH, Dresden
Der Entwurf integriert die drei Klima- und Grünkorridore, welche das Gesamtgebiet maßgeblich gliedern und städtebaulich prägen. Die verschiedenen Quartiere fügen sich harmonisch in die landschaftliche Umgebung ein. Eine zentrale Parkmeile mit vielfältigen Angeboten verbindet die Areale. Geplant wurde bedarfsgerecht durch die Integration des vorhandenen baulichen und freiräumlichen Bestandes sowie die Entwicklung unterschiedlicher Siedlungsstrukturen und Nutzungsformen. Das Mobilitätskonzept mit leistungsfähigen Schnittstellen – Ringerschließung, autoarmer Bezirk, autofreie Parkmeile – und ein nachhaltiges Energiekonzept mit lokaler Energieerzeugung runden den Entwurf ab. Dies ermöglicht eine schrittweise, nachfrageorientierte Realisierung und fördert die Bildung lebendiger Nachbarschaften.
Stellungnahme des Preisgerichts
Die Jury erkennt in der vorliegenden Arbeit ein robustes und verständliches städtebauliches Grundgerüst. Die gewünschten Nutzungen erscheinen ausreichend und in einem guten Mix erfüllt. Bezüglich der übergeordneten Einbindung bildet der große Grünring Fürstenfeldbruck einen wertvollen Gedanken. Bei näherer Betrachtung bleibt die Arbeit jedoch in ihren westlichen und südlichen Anschlüssen der Grünachsen realistische bzw. konsequente Antworten schuldig. Im Westen ist keine ausreichende Fortführung dargestellt, im Süden ist sie nicht realistisch in der gezeigten Dimension umsetzbar.
Die direkt angebundenen Potentialflächen der Nachbargemeinden sind plausibel gesetzt und wären eine gut angebundene wünschenswerte Erweiterung des neuen Stadtteils über die Grenzen der Stadt Fürstenfeldbruck hinaus, der Olchinger Satellit wirkt im Gegensatz dazu leider verloren. Die einzelnen Quartiere und Cluster sind gut proportioniert und werden von den Grünstrukturen der Parkmeile zusammengehalten.
Ein erster Neubau-Abschnitt im Westen, „Stadtnatur“ genannt, erscheint plausibel. Die Detaillierung der Blöcke ist dabei noch schematisch bzw. bezüglich Belichtung und unterschiedlicher Typologien oder bestandsorientierter Entwicklungsstufen nicht ausreichend differenziert.
Der große Erschließungsloop würde nur im Falle der Ergänzungen der Nachbargemeinden gerechtfertigt sein, anderenfalls wäre es eine Umgehungsstraße am Feld, ohne eine Adressbildung zu fördern. Gewürdigt wird, dass der Loop die Mitte und die Quartiere selbst entlastet.
Die Express-Bustrasse ist eine gute Lösung für das aktuelle Fehlen des S-Bahn-Anschlusses, die zusätzliche Seilbahn wird in ihrem Mehrwert hinterfragt.
Die großen Grünräume scheinen überproportional ausgedehnt und sind gleichförmig mit Wegen und grünen Clumps belegt. Auch deren Übergänge und Abschlüsse können nicht überzeugen. Die Parkräume scheinen sich zu verlieren, anstatt markante Punkte und Orientierung zu bieten. Die Förderung des Biotopverbunds und die gut ausgebildeten Frischluftschneisen werden positiv bewertet. Es wurde im großen Maße auf den Erhalt der ökologischen Schutzflächen Rücksicht genommen.
Im Vergleich dazu wurde weniger Rücksicht auf den baulichen Bestand genommen. Dabei werden zudem Chancen verpasst, eine markante zukunftsorientierte Haltung für die städtebauliche Entwicklung auszuprägen. Dies spiegelt sich auch in zu wenig ausdifferenzierten Gestaltungen der öffentlichen Grün- und Erschließungsräume an den Schnittstellen wider, insbesondere am Kilometerbau oder in der Ausformulierung einer „Waldrandsiedlung“ als Quartierseingang. Die multifunktionalen Umprogrammierungen der großen Bestandsstrukturen, z.B. des Blauen Palais in ein Zentrum für Kongress, Bildung und Wohnen auf Zeit, werden positiv gewertet.
Bezüglich der Wirtschaftlichkeit wird das überfrachtete Mobilitätskonzept angekreidet (Seilbahn, Quartiersbus). Nur wenige Bestandsstraßen werden rückgebaut.
Die Arbeit liefert einen guten Beitrag zur schrittweisen Konversion des Fliegerhorstes und zu Erweiterungsmöglichkeiten. Die einzelnen Lösungen wirken im Detail großteils stimmig, jedoch auch schematisch.
3. Preis
haascookzemmrich STUDIO2050, Stuttgart mit Planstatt Senner GmbH, Überlingen
Das Konzept basiert auf der Unterteilung in vier Quartiere mit unterschiedlichem Charakter: Aktivquartier, Kulturkaree, Technologiepark und Forschungscluster. Bauliche Eingriffe sind überwiegend im nördlichen Bereich vorgesehen, ortsbildprägende Denkmäler werden zurückhaltend beplant. Zwei Hochpunkte bieten Orientierung. Der Entwurf betont die Schaffung einer vielfältigen Nachbarschaft durch die Organisation von Freiräumen in klar definierte Cluster, die jeweils eine einzigartige Identität besitzen und die Verbundenheit innerhalb der Gemeinschaft stärken. Die Hauptachse vereint Grünflächen mit urbanen Plätzen und bietet eine Vielzahl von Aktivitäten für Bewohner jeden Alters, von sozialen Treffpunkten bis hin zu ruhigen Entspannungsbereichen und Spielplätzen.
Stellungnahme des Preisgerichts
Die städtebauliche Entwurfsidee basiert darauf, bauliche Eingriffe überwiegend im nördlichen Bereich des Areals vorzunehmen. Die Bereiche mit den ortsbildprägenden Denkmalen Luftkriegsschule, Kilometerbau und Blaues Palais werden nur sehr punktuell baulich ergänzt, was positiv ist. Die freiraumplanerische Begleitung des Kilometerbaus mit einem Kilometerpark ist gut gelungen.
Es werden 4 Baufelder mit sehr unterschiedlichen Charakteren gebildet, was einerseits Identität erzeugt, andererseits aber auch kontrovers diskutiert wird, da eine klare Nutzungstrennung zu entstehen scheint. Wohnen und Arbeiten sind relativ stark voneinander getrennt. Es stellt sich in diesem Zug auch die Frage der richtigen Ettapierung, um von Beginn an ein lebendiges, durchmischtes Stück Stadt entstehen zu lassen.
Die Einbindung des Bestands gelingt grundsätzlich gut, allerdings gibt es städtebauliche Setzungen, die Fragen aufwerfen, bspw. die Parkdecks am Quartierseingang gegenüber dem Offiziersheim oder der Handwerkerhof am östlichen Rand der ehemaligen Luftkriegsschule. Die ehemalige Luftkriegs-schule durch die neue Nutzung als Kunstquartier zu „pazifizieren“ wird als grundsätzliche gute Idee anerkannt. Insgesamt werden jedoch räumlich attraktive Situationen, die sich aus dem Bestand ergeben nicht immer genutzt.
Hochpunkte werden grundsätzlich positiv gesehen, um Orientierung zu schaffen. Die Lage des westlich gelegenen Hochpunktes ist jedoch nicht überzeugend. Eine Tiny-House-Siedlung am Quartierseingang ist nicht vorstellbar.
Positiv gesehen wird die Idee eines Forschungsclusters in Kombination mit einem Energiecluster und dem Technologiepark. Hier könnten gewinnbringende Synergien entstehen.
Die Entscheidung, Schulen und Sportplätze in einen engen räumlichen Kontext zu stellen, wird begrüßt. Den Stadteingang mit dem Schulzentrum zu besetzen ist ein sehr guter und adäquater Ansatz.
Im Bereich des Aktivquartiers stellen sich Fragen der angemessenen Dichte und Dimensionierung der öffentlichen Räume sowie des Versiegelungsgrades. Sie erscheinen deutlich zu groß bemessen, das Modell jedoch spricht eine andere Sprache und erscheint in Bezug auf die genannte Fragestellung adäquater. Schade ist, dass der Gedenkort des Olympiaattentats nur marginal betrachtet wird. Die daneben platzierte Flugzeugausstellung reagiert wenig sensibel auf diesen geschichtsträchtigen Ort.
Als positives Entwurfsprinzip wird erkannt, dass Flächen entsiegelt werden und die Bebauung insgesamt kompakt ist. Allerdings werden die entsiegelten Flächen dann als potentielle Erweiterungs-optionen deklariert, was inkonsequent erscheint. Zwischen westlichem und östlichem Bereich entsteht eine Grünschneise, deren Dimension kritisch gesehen wird. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, wieviel Grünraum in Nord-Süd- und West-Ost-Richtung angebracht ist.
Die teilweise Freistellung des Kilometerbaus wird kritisch diskutiert. Das Gebäude erhält damit eine partielle räumliche Dominanz, die mit Bezug auf die Geschichte nicht angemessen erscheint.
In Bezug auf Mobilität, Energie und Klima ist der Entwurf sehr gut durchgearbeitet, die vorgestellten Ideen sind überzeugend.
Insgesamt liefert der Ansatz starke Entwurfsideen, die allerdings auch kontrovers diskutiert werden. Einerseits könnten Orte mit einer starken Identität entstehen, andererseits stellt sich die Frage nach einer zukunftsweisenden Lösung für ein dichtes, durchmischtes Quartier mit hohen Prozessqualitäten in der Entwicklung.
Weitere Entwürfe
Studio RW / Landschaftsarchitektur und Stadtplanung, Berlin
Studio RW verbindet Landschaft und Stadt in einer symbiotischen Beziehung, bewahrt den Parkcharakter und integriert Teilquartiere auf versiegelten Flächen. Ein grünes Herz mit sanften Übergängen und Sporteinrichtungen bildet den Mittelpunkt. Die Anordnung der baulichen Hochpunkte schafft spannende Sichtbeziehungen. Jedes Stadtviertel ist um einen Nachbarschaftsplatz organisiert und bietet flexible Wohnstrukturen. Gemeinschaftliche Innenhöfe fördern das soziale Miteinander. Die differenzierten Grün- und Freiflächen sind naturnah gestaltet. Durch die Mischung der unterschiedlichen Nutzungen entsteht in jedem Teilquartier ein gelungenes Miteinander von Wohnen und Arbeiten. Gleichzeitig wird der Gebäudebestand in die neuen Strukturen miteinbezogen.
Stellungnahme des Preisgerichts
Die Verfasser schlagen mit dem Entwurf „Parkquartier Fürstenfeldbruck“ eine klare städtebauliche Ordnung mit vier ablesbaren Teilquartieren vor. Diese werden durch einen zentralen Klimapark miteinander verbunden. Zusammen mit dem umlaufenden Sport- und Aktivband ergibt sich ein nachvollziehbares Grundgerüst für die Entwicklung am Fliegerhorst. Die Quartiere orientieren sich in ihrer Ausdehnung und Setzung an den bestehenden Strukturen. So werden die vorhandenen versiegelten Flächen aufgenommen. Die beiden nördlichen Teilquartiere werden jeweils durch eigene Erschließungsspangen angebunden. Die gewünschte Verzahnung in Ost-West Richtung ist daher nicht gegeben. Die Eingangssituation im Westen mit der Quartiersgarage kann nicht überzeugen.
Der Klimapark als grünes Herz übernimmt vielfältige Funktionen, wie die Durchlüftung und auch die notwendige Regenwasserretention. Somit dient er als zentrales Element der blau-grünen Infrastrukturen. Dieser Ansatz wird positiv betrachtet. Die Quartierscluster werden als robuste und gut organisierte Stadtbausteine vorgeschlagen. Der öffentliche Raum wird durch zentrale Plätze als Treffpunkte und Orte der nachbarschaftlichen Kommunikation ergänzt.
Die Lage des vorgesehenen S-Bahnhalts an der Bundesstraße wird vom Preisgericht als kritisch betrachtet. Die Entfernung zum neuen Stadtquartier ist sehr groß, gerade auch wenn die südliche Erweiterung nicht realisiert wird. Die Teilquartiere werden separat von außen erschlossen, wodurch der Verkehr besonders stark über die angrenzenden Gemeinden abgewickelt wird. Die vorgeschlagene Seilbahn als Interimslösung wird als unwirtschaftlich betrachtet bzw. auch die Punkt zu Punkt Vernetzung verkehrstechnisch als nicht sehr zielführend. Die kleinteilige Anbindung an den ÖPNV ist teilweise nicht ausreichend. Das Schulzentrum wird z.B. nicht an den öffentlichen Nahverkehr (Bus) angebunden. Die Quartiersgaragen sind sehr klein dimensioniert. Der Entwurf erreicht nur einen geringen Anteil der geforderten Stellplätze.
Grundsätzlich wird die Nutzungsdurchmischung der einzelnen Teilquartiere als positiv betrachtet. So wurde auch der Technologiepark durch Wohnnutzungen ergänzt, jedoch zum größten Teil außerhalb der Gemarkung Fürstenfeldbrucks. Die Bestandsgebäude wurden als maßgebende Elemente teilweise gut in den Entwurf integriert. Jedoch ist die Nutzungsspezifizierung teilweise nicht ausreichend, wie z.B. bei der Markthalle im nördlichen Bereich des Entwurfs. Die Verortung der Schule im blauen Palais wurde aus unterschiedlichen Blickwinkeln stark hinterfragt. Die hohen räumlichen Anforderungen eines Schulneubaus sind nicht, oder nur mit einem sehr großen finanziellen Aufwand, in den komplexen Bestandsstrukturen zu integrieren.
Die phasenweise Entwicklung in unterschiedlichen Bauabschnitten bleibt schematisch. Die Bauabschnitte sind teilweise nicht logisch nachvollziehbar und der Umgang mit den Bestandsgebäuden bleibt offen. Der Entwurf zeigt relativ wenig Tiefe in der Ausarbeitung der Themen Energie und Klima. Das Potential für Photovoltaik auf den Dachflächen ist gegeben. Jedoch zeichnet sich die kleinteilige Bebauung durch eine geringe Kompaktheit aus. Durch die großzügigen Grünverbindungen und offenen Bebauungsstrukturen ermöglicht der Entwurf eine gute Durchlüftung.
Atelier Starzak Strebicki, Posen mit Pracownia Architektury Krajobrazu, Warschau
Dieses städtebauliche Konzept basiert auf der Grundidee, den Ort mit zwei kompakten Stadtriegeln und einem Landschaftspark neu zu prägen. Sie sind durchzogen von einem zentralen, identitätsstiftenden Boulevard und Grünflachen, die neue öffentliche Räume schaffen. So schafft es der gut proportionierte Marktplatz die unterschiedlichen Strukturen zu verbinden. Erschlossen werden Sie durch Fahrradwege und eine Buslinie. Beide Stadtriegel verweisen in Länge und Orientierung auf den Kilometerbau. Der Entwurf integriert Wohnen, Arbeit, Einkaufen, Bildung und Erholung, schafft kurze Wege und eine lebendige Nachbarschaft. Alte Gebäude werden integriert, während bestehende Grünanlagen erhalten bleiben und neue entstehen.
Stellungnahme des Preisgerichts
Der Entwurf zeichnet sich durch eine klare Gliederung aus. Mehrere längliche Quartiere werden als Stadtriegel formuliert mit jeweils unterschiedlicher Widmung (Wohnen/Gewerbe). Die Lage der Stadtriegel ist nachvollziehbar, jedoch führt der Entwurf nicht zu einer zusammenhängenden Freiraumidee. Durch die klare Gliederung auch auf Nutzungsebene kommt dem Freiraum eine verknüpfende Funktion zu, die aber nicht nachvollziehbar dargestellt wird. Auf der Südseite des Gewerberiegels sind in einem sensiblen Bereich unweit zum Kilometerbau Ergänzungsflächen vorgesehen, deren Lage kritisch hinterfragt wird. Anstelle einer Ausdifferenzierung der Grünräume werden überdimensionierte Achsen zur Verknüpfung vorgeschlagen. Die Achsen wirken in Bezug auf den historischen Hintergrund nicht angemessen und werden als zu starkes formales Element wahrgenommen. Der Entwurf wirkt insgesamt zu formalistisch. Dies betrifft nicht nur die Ausbildung der Achsen, sondern auch die nicht nachvollziehbare additive Verwendung der kreisförmigen Strukturen als Plätze, Gebäude und Quartiere.
Der Jugendplatz im Bereich des Kilometerbaus und der Platz im Bereich des ehemaligen Towers mit der zu entwickelnden Bedeutung als Erinnerungsort werden ohne weiteren Zusammenhang als kreisrunde Plätze vorgeschlagen und damit der Aufgabenstellung nicht gerecht. Die Anbindung der runden Plätze erfolgt über lineare Elemente, die in keinem inhaltlichen Verhältnis zu der Funktion und ihrer Erschließung stehen. Aus Sicht der Jury ist der Marktplatz gut proportioniert und fungiert als Gelenk innerhalb der städtebaulichen Struktur. Leider ist dieser Platz auch ein Knotenpunkt für den MIV, so dass hier Konflikte entstehen und die Aufenthaltsqualität geschwächt wird. Die großzügig vorhandenen Grünräume wirken nicht hinreichend differenziert.
Es wird ein S-Bahn Anschluss bis zum östlichen Teil des nördlichen gewerblich genutzten Stadtriegels geführt. Dort wird eine Umsteigestelle vorgeschlagen mit einem Mobilitätszentrum. Aufgrund der Randlage im Osten ist die Erreichbarkeit der Haltestelle eingeschränkt und man ist auf das Umsteigen angewiesen. Vor allem zur Wohnbebauung ergeben sich weite Wegstrecken ohne soziale Kontrolle, vor allem zu Tagesrandzeiten und am Wochenende. Die Straßenquerschnitte der Quartiere sind überdimensioniert und stehen in keinem Verhältnis zu ihrer funktionalen Bedeutung.
Die Themen Energie und Klima wurden nicht vertieft betrachtet. Die Grünachsen und auch die Öffnung der Gebäudestrukturen sind vorteilhaft für die Durchlüftung. Die kleinteilige Gebäudestruktur wirkt sich positiv auf das PV-Potenzial, aber negativ auf die Ressourceneffizienz aus. Der Bestand (Stichwort „Graue Energie“) wurde nur unzureichend berücksichtigt. Das dargestellte Fließgewässer / Oberflächenentwässerung steht scheinbar nicht in Zusammenhang mit einem Regenwasser-management. Es erscheint lediglich als formales Element ohne weiteren Mehrwert.
Der Entwurf wird als diskussionswürdiger Beitrag gewertet, dessen strukturelle Ansätze nachvollzogen werden können, welche in der Ausarbeitung und Zusammenführung der verschiedenen Ebenen, Städtebau, Freiraum, Erschließung und Nachhaltigkeit aber nicht überzeugen können.
Podiumsdiskussion mit den Planern!
Sehen Sie sich hier den Mitschnitt des Livestreams mit den Planern des Architekturbüros Adept vom 13. Mai 2024 in voller Länge an.